Die Coronakrise hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Funktionsweise des Europäischen Parlaments und auf meine Arbeit als Abgeordneter.
Die gewohnte Arbeitsweise des Europäischen Parlaments konnte nicht beibehalten werden: Über eine supranationale Institution, bei der jede Woche Vertreter aus allen EU-Mitgliedstaaten anreisen, um zu verhandeln, zu debattieren, Maßnahmen zu beschließen und Hände zu schütteln kann sich ein über die Atemwege übertragbares Virus rasant ausbreiten.
Doch das Parlament konnte seine Arbeit nicht einfach einstellen: Gerade in Krisenzeiten muss es beschluss- und handlungsfähig bleiben, damit finanzielle Hilfe und medizinische Ausrüstung rasch dort ankommt, wo sie gebraucht wird.
Aus diesem Grund hat das Parlament schnell reagiert: Seit März findet der gesamte Parlamentsbetrieb online statt. Was bedeutet das für mich und meine Mitarbeiter?
Ich spare Zeit durch den stark verringerten Arbeitsweg – statt nach Brüssel zu fliegen fahre ich ins Büro in meinem Wohnort Brand. Das Arbeitsoutfit meines Teams ist legerer denn je und eine schnelle Internetverbindung ist unabdingbar. Die Koordinierung unserer Projekte und Initiativen findet in Telefonkonferenzen statt, dasselbe gilt für Plenarsitzungen, Ausschussitzungen, Sitzungen der politischen Parteien und Arbeitsgruppen. Die Bürger bringen ihre Anliegen per Email und in Telefonaten an. Mein noch für diese Woche geplantes Europaforum zum Thema reibungsloser Grenzübertritt Bayern-Tschechien wird zur Gänze digital ablaufen. Der persönliche Kontakt zu den Menschen ist mir wichtig, darum schmerzt es, dass ich Teilnehmer des Europaforums nicht zur gemeinsamen Diskussion vor Ort und zum geselligem Zusammensein einladen kann. Aber für einen raschen Rückgang der Neuansteckungen ist unbedingt erforderlich, dass die soziale Distanz gewahrt wird.
Parlamentarische Abstimmungen aus der Distanz zu ermöglichen, ist eine besonders heikle Aufgabe: Die Abstimmung muss aufgrund der Dringlichkeit der Maßnahmen sofort durchführbar sein, und das bei einer 100%igen Kehrtwende von der persönlichen auf die Fernabstimmung. Die Abstimmungen sollen sicher vor Viren und Hackerangriffen sein, und doch muss das Verfahren so einfach sein, dass ein reibungsloser Ablauf gewährleistet ist. Die gewählte Methode sieht daher vor, dass der Stimmzettel elektronisch versandt wird, vom Abgeordneten ausgedruckt, unterschrieben, eingescannt und per Email zurückgeschickt wird.
Auch diesen Donnerstag und Freitag, den 16. und 17. April, wird wieder aus der Distanz abgestimmt. Die Gesetze, über die ich abstimmen werde, sollen die medizinische Versorgung gewährleisten und die Wirtschaft vor einem Einbruch zu schützen. Ich werde über das Soforthilfe-Instrument mit einem Gesamtbudget von €4,53 Mrd. (Emergency Support Instrument – ESI) abstimmen: Hier geht es um rasche Hilfe für den Gesundheitssektor. Gesorgt werden soll unter anderem für die erleichterte Lagerung und Verteilung von medizinischer Ausrüstung.
Der Ausschuss für regionale Entwicklung, in dem ich Mitglied bin, hat zudem an einer zweiten Coronavirus-Investment-Initiative gearbeitet. Diese Initiative gewährleistet, dass Gelder aus der Europäischen Strukturpolitik schneller und unbürokratischer abrufbar sind und hebt die Finanzierung von Projekten durch die EU auf bis zu 100% an. Durch die Maßnahmenpakete der Strukturpolitik werden Arbeitsplätze erhalten, gerade in Branchen die besonders hart von der Coronakrise getroffen werden. Auch die Überlebensfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen wird durch das Maßnahmenpaket gefördert. Vorübergehende Umsatzrückgänge dürfen nicht das Ende unserer mittelständischen Unternehmen bedeuten.
Die derzeitige Gesundheitskrise hat uns alle tief getroffen, aber auch gezeigt, dass das Parlament in Krisenzeiten zusammenarbeiten und rasch reagieren kann. Nun müssen wir daran arbeiten, auch weiterhin solidarisch zu bleiben und keine Region zurückzulassen.