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Baustoffmangel und explodierende Preise - Handwerker und Bauherren brauchen Perspektiven! Brief an Kommissar

Die Dynamik ist sehr rasant: Seit letztem Sommer stiegen die Preise für Baumaterialien in Europa und Deutschland rasant an. Der außergewöhnliche Preisanstieg betrifft neben Schnitt- und Bauholz, vor allem Dämm- und Kunststoffe sowie Baustahl. Allein der Holzpreis schoss binnen eines Jahres um mehr als 400 Prozent in die Höhe. Betonstahl verteuert sich im Vergleich zum Vorjahr um fast 30 Prozent. Die Preise für Dämmstoffe wie Styropor stiegen allein im April um rund 50 Prozent.

 

Die Gründe für die aktuelle Preisvolatilität im Markt für Baumaterialien sind vielschichtig: ein coronabedingter Nachfrageeinbruch im ersten Halbjahr 2020, weltweit heruntergefahrene Produktionskapazitäten, unterbrochene internationale Lieferketten sowie verhängte Exportstopps z.B. in Russland.  Doch als die Konjunktur - vor allem in den USA und China - wieder ansprang ist die Nachfrage nach Baustoffen Mitte 2020 schneller gewachsen, als die Kapazitäten wieder hochgefahren werden konnten. Gerade die hohe Nachfrage aus den USA und China nach europäischen Holz kann mit den aktuellen Kapazitätsgrenzen nicht gedeckt werden. Allein die Exporte von Nadelschnittholz aus Deutschland in die USA haben mit 1,63 Mio. m3 um 42% im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Gleichzeitig ist die heimische Nachfrage für Schnittholz aufgrund der anhaltend guten Baukonjunktur und seinen Charakteristika als klimafreundliches und technisch vielseitige Material gestiegen.

 

Die Folge des Baustoffmangels und der gestiegenen Preise sind gerade für viele kleine und mittelständische Bauunternehmen und Handwerker deutlich spürbar. Trotz voller Auftragsbücher sehen sich viele Betriebe außerstande, ihre Aufträge aufgrund des Materialmangels zu erfüllen. Viele Betrieben mussten Kurzarbeit anmelden, da Baumaterialien nicht zu beschaffen sind. Bauherren müssen länger warten, bis ihre Bauprojekte fertiggestellt werden können. 

 

Höhere Baukosten gefährden aber auch das Ziel, mehr bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum in Europa zu schaffen. Ich habe mich daher bereits im April gemeinsam mit der, von mir und dem belgischen Europaabgeordneten Pascal Arimont ins Leben gerufene Projektgruppe „EPP4Construction“ an den für den für den EU-Binnenmarkt zuständigen Kommissar Thierry Breton gewandt. Wir fordern die Kommission auf, die Lage auf dem Baustoffmarkt sorgfältig zu beobachten und Lösungsmöglichkeiten prüfen.  Gerade mit Blick auf die Erfüllung der von der Kommission gesetzten Ziele, bis 2030 mehr als 35 Millionen Gebäude energieeffizient zu renovieren und damit die Renovierungsquote in Europa zu verdoppeln, sollte sichergestellt werden, dass die entsprechend benötigten Baumaterialien ausreichend zur Verfügung stehen.

 

 

Protektionistische Maßnahmen wie Exportstopps oder -zölle halte ich dabei nicht für das geeignete Instrument. Regulierte Verkaufspreise würden das Risiko von Fehlanreizen und -allokationen nur unerwünscht weiter erhöhen und letztendlich zu einer Verschlechterung der Lage führen. Die Kommission sollte vielmehr prüfen, inwiefern die regionale Produktion von Rohstoffen und Baumaterialien in Europa weiter gefördert werden könnte. Auch mit Blick auf den aktuell vorherrschenden weltweiten Mangel an Halbleitern, sollte die Kommission die „digitale Unabhängigkeit“ Europas weiter vorantreiben. „Smart-Housing“ Konzepte werden für die Erfüllung der Ziele der EU-Renovierungswelle eine zentrale Rolle spielen. Dafür bedarf es die entsprechenden Halbleiter - und das am besten „made in Europe“.